KulturWerk Norderstedt
Die Stadt Norderstedt möchte mit dem Projekt „KulturWerk Norderstedt“ die verschiedenen, über die Stadt verteilten Kultureinrichtungen, an einem Ort zusammenführen. Darüber hinaus wird mit der Revitalisierung des alten Kalksandsteinwerks ein spezieller und besonderer Veranstaltungsort geschaffen. Auch die Gestaltung des Außenbereichs trägt dazu bei, dass die Besucher die „Spur der Steine“ nachvollziehen können und erkennen, dass der benachbarte Baggersee eine direkte Folge des Kiesabbaues darstellt. In diesem Zusammenhang wird der Widerstreit von Kultur und Natur an der Ostfassade des Kalksandsteinwerks auch baulich thematisiert. Diese Außenwand stellt die Schnittstelle zwischen Grünraum und Gebäude dar. Aus der weitgehend geschlossenen Fassade werden in regelmäßigen Abständen gelochte Kalksandsteine herausgedreht, die es der Natur ermöglichen sich des Gebäudes zu bemächtigen. Es ist Teil des Konzepts, dass sich mit der Zeit eine unkontrollierte Begrünung der Fassade einstellen wird. Um die Wand zur „lebenden Wand“ werden zu lassen, wurden, in Absprache mit dem NABU, Nisthilfen für Mauersegler, Fledermäuse und Insekten in das Mauerwerk integriert. An dieser Stelle holt sich die Natur zurück, was ihr vom Menschen abgerungen wurde. Als Zitat und Signet dieses immerwährenden Kampfes zwischen Zivilisation und Natur steht eine Bergkiefer, die in einen aus der Fassade auskragenden Baumtrog gepflanzt wurde.
Aus architektonisch, konzeptioneller Sicht ist die Nutzungsverteilung im Gebäude analog dem Produktionsablauf der Steinherstellung organisiert. So wurde das Herzstück der Fabrik, die ehemalige Pressenhalle, zum Veranstaltunsgssaal umgebaut. Auch die erhöhten Revisionsbalkone und die Ebene der Mischen-Silos, wurden dem Saal als Rangbereiche zugeschlagen. Die Beibehaltung, der von industriellen Abläufen und Notwendigkeiten geprägten Form der Pressenhalle führte zu einem räumlich eigenwilligen und sehr markanten Veranstaltungssaal. Die ehemalige „Verschiebebahn“ des Kalksandsteinwerks wird zum Foyer, dem Corso. Die Gestaltung des Foyers bezieht sich auf die ehemalige Funktion dieses Raumes. Analog der linearen Bewegung der „Schiebeloren“, können heute Kassen- und Bar-Tresen sowie Sitzbänke verschoben werden. Dieser möglicht die flexible Installation immer neuer Raumsituationen. Die lineare Ausrichtung ermuntert die Besucher zum Flanieren – „Sehen und gesehen werden“.
Für das Veranstaltungszentrum ist ein energieoptimiertes Gebäudekonzept entwickelt worden, das aus einer Vielzahl regenerativer Komponenten besteht, die auf die spezifischen Gegebenheiten dieses Ortes zugeschnitten sind. Die Wärmeversorgung des Gebäudes erfolgt über das BHKW-Netz der Stadt. Zusätzlich wird mittels einer Aquifer-Anlage Wärmeenergie aus dem Erdinnern gewonnen. Dies ist dadurch möglich, dass das Bestandsgebäude noch gültige Wasser-Linzenzen an 2 Tiefbrunnen besitzt. Um die Wärmeenergie des Brunnenwassers im Winter zu nutzen, wird mit Hilfe eines Förderbrunnens das ca. 10°–13° C warme Grundwasser aus der Erde zu einer Wärmepumpe geleitet. In dieser wird dem Brunnenwasser die gespeicherte Energie entzogen. In einem geschlossenen Kreislauf wird das abgekühlte Wasser nach Durchlaufen der Wärmepumpe über einen Schluckbrunnen mit einer Temperatur von etwa 0° C wieder in die Erde zurück geführt. Im Sommer entsteht in vielen Bereichen des Gebäudes eine durch Sonnenstrahlung oder Besucher bedingte Wärmelast. Diese kann gezielt durch Kühleinrichtungen mit dem Brunnenwasser abgeführt werden. Dem im Winterbetrieb stark abgekühlten Grundwasser wird im Sommer die entzogene Wärme wieder zugeführt. Dadurch wird das Erdreich in etwa wieder auf die ursprüngliche Temperatur erwärmt. Dieser Kreislauf nutzt das Medium Wasser als träge, phasenverzögernde Masse.
Die Lüftungstechnische Versorgung des Gebäudes erfolgt mittels Hybridlüftung. Dies bedeutet, dass sämtliche Räume natürlich belüftet werden. So erfolgt die Durchlüftung der Veranstaltungssäle mit einem Quellluftsystem. Dafür wird frische Außenluft aus dem Biotop durch einen Erdkanal geführt. Auf ihrem Weg durch den Kanal wird die Frischuft vorerwärmt oder vorgekühlt. In den Sälen strömt sie dann über Quellluftöffnungen langsam in den Raum ein. Dort erwärmt sie sich und steigt nach oben. Die verbrauchte Luft wird durch thermischen Auftrieb zum Schornstein geführt, durch den sie, nach passieren eines Wärmetauschers, das Gebäude wieder verlässt. Mit diesem Konzept erhält man eine natürliche Durchlüftung, die vor allem bei Klassischen Konzerten und Theaterafführungen von großem Vorteil ist, da es nicht wie bei einer mechanischen Lüftung zu Hintergrundgeräuschen kommt.