Die über Jahrzehnte gewachsene, heterogene Struktur der „Stadtteilschule Niendorf“ lässt eine erkennbare Ordnung von Gebäuden und Freiräumen vermissen. Stattdessen erfährt der Besucher Unübersichtlichkeit und Zerstückelung des Außenraums, in dem Orientierung und Pausenaufsicht kaum möglich sind. Dieser Missstand ist nur durch eine klar strukturierte, durchgreifende Reorganisation zu beheben.
Mit dem Abriss des H-Gebäudes aus den 1960-iger Jahren entsteht, gemeinsam mit dem Fachklassengebäude und dem Aula-Komplex, ein großer zusammenhängender Schulhofbereich, der zukünftig das Herzstück der Schule bildet. Der Neubau verbindet die verbleibenden Gebäudeteile miteinander und fügt sie zu einem Gesamtensemble zusammen. Mit dem Herausrücken des Gebäudes an die Paul-Sorge-Straße zeigt die Schule Präsenz im öffentlichen Raum, fällt deutlich ins Blickfeld der Niendorfer Bevölkerung. Damit wird baulich vollzogen, was das Schulprogramm inhaltlich anstrebt, nämlich ein starkes Verweben von Schule und Stadtteil. Darüber hinaus fasst das an die Straße gerückte Gebäudevolumen den Vorplatz der Schule räumlich und wertet ihn auf. Der Haupteingang kann nun als solcher wahrgenommen werden.
Auch hinsichtlich der Gebäudestruktur wird eine räumliche Ordnung angestrebt, die den Schülern Orientierung und Struktur zur Bewältigung ihres Alltags gibt. Analog der einhüftigen Anlage des bestehenden Klassengebäudes wird dieses Konzept auch für den Neubau aufgenommen. Eine wiederkehrende Abfolge von Unterrichtsräumen, mit jeweils einem Gruppenraum für die Differenzierung, bildet die Ordnungsstruktur des Klassengebäudes. Jeweils 2 Klassen werden zu einem Kompartment zusammengefasst. Der Erschließungsflur wird als Arbeits- und Differenzierungszone für die Kinder genutzt. Auf Wunsch der Schule werden die Klassen nicht geschoßweise, sondern gestapelt, in „Jahrgangs-Häusern“, organisiert. Neben pädagogischen Vorteilen erleichtert diese Organisationsform auch den Umgang mit Inklusion, da die Hälfte aller Klassenräume eines Jahrgangs im Erdgeschoss lokalisiert ist. Den „Jahrgangs-Häusern“ werden dezentrale Lehrerstützpunkte zugeordnet, in denen sich Arbeits- und Besprechungsplätze, oder mobile Werkstätten der Jahrgangsteams befinden.
Die zentrale Verwaltung mit Sekretariat und Schulleitung ist über der Verteilerhalle im 1. OG untergebracht. Der Haupteingang in die neu gestaltete Schule führt durch die jetzige Verwaltung. Die Eingangshalle verbindet räumlich die Bereiche Ganztag, Schülerrestaurant, Aula und Verteilerhalle miteinander. Die Verteilerhalle, als große zusammenhängende Fläche, kann bei schlechtem Wetter als Pausenzone, aber auch vielfältig für unterschiedlichste Veranstaltungen genutzt werden. Von hier aus erfolgt auch die Erschließung der Klassenräume. Ein außenliegender Umgang, der aus Wettergründen mit einem transparenten Schutzdach ausgestattet ist, führt in die „Jahrgangs-Häuser“.
Die einhüftige Struktur des Neubaus ermöglicht es die Arbeitsräume von beiden Längsseiten zu belüften und mit natürlichem Licht zu versorgen. Die Luft wird über motorisch gesteuerte Außenluftdurchlässe oberhalb der Fenster in den Raum geführt. Beim Einströmen wird sie von der aufsteigenden Wärmewalze der Heizkörper vorerwärmt. Auf ihrem Weg durch den Klassenraum erwärmt sie sich weiter und verlässt schließlich, als verbrauchte Luft, durch einen Lüftungsschornstein auf dem Dach das Gebäude. Der Abtransport erfolgt mittels thermischer Luftbewegung, die lediglich durch einen windgetriebenen Savoniusrotor auf dem Sonnenschornstein unterstützt wird. Bei diesem Konzept kommt auch dem Massebauteil der Betondecken eine wichtige Rolle zu. Diese speichern die eingetragene Energie und geben sie, über die Nachtluftspülung, wieder an den Außenraum ab. Die Fenster an den Süd-, Ost- und Westfassaden erhalten einen außenliegenden Sonnenschutz sowie ein leichtes Sonnenschutzglas.
Bestimmendes Element der Außenanlagenplanung ist die Einbeziehung der ehemaligen Gebäudestruktur, des „footprint“ der Gebäude des Klassentrakt Nord. Deren frühere Kriechkeller werden als Wasserbassins für die Regenentwässerung aktiviert. Wandteile früherer Außenwände werden bis in Sitzhöhe abgebrochen und zukünftig als Sitzmöglichkeit genutzt. Darüber hinaus wird mit vielfältigen Pflanzbereichen eine räumliche und funktionale Differenzierung des Schulhofs angestrebt.
Da der Schule zur Realisierung des Erneuerungskonzepts keine Ausweichflächen zur Verfügung
stehen, müssen die Bauarbeiten bei laufendem Schulbetrieb durchgeführt werden.